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Warum Kampagnen in der sozialen Arbeit so oft verpuffen – und wie du herausfindest, ob deine wirklich funktionieren kann


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Warum Kampagnen im sozialen Bereich so selten wirken – und was Sichtbarkeit damit zu tun hat




Anhören oder lesen - du entscheidest!



Im sozialen Bereich gibt es unglaublich viele wichtige Themen.Und es gibt unglaublich viele engagierte Menschen, die versuchen, diese Themen nach außen zu tragen. Eigentlich hätte man perfekte Voraussetzungen für starke Kampagnen: Relevanz, Expertise, echte Geschichten, und eine klare gesellschaftliche Mission.


Und trotzdem verpuffen viele Kampagnen. Nicht leise – aber sehr schnell. Was am Anfang als Idee mit Potential startet, endet in der Praxis oft als:


  • ein einziges Posting,

  • ein viel zu vollgestopftes Karussell,

  • oder eine Social-Media-Version des Mitgliederrundschreibens.



Es ist nicht so, dass niemand etwas sagen möchte. Es ist auch nicht so, dass die Themen nicht genug Substanz hätten. Oder dass die Mitarbeitenden nicht mitdenken würden.

Es liegt an etwas anderem:


Viele Organisationen wollen gar nicht wirklich sichtbar sein. Zumindest nicht in der Form, die eine Kampagne braucht.


Sichtbarkeit bedeutet Position – und Position bedeutet Risiko.


Und genau das fühlt sich für viele Einrichtungen ungemütlich an.


In der sozialen Arbeit, in Wohlfahrtsverbänden und NGOs gibt es einen starken kulturellen Reflex:


  • niemanden verärgern

  • alle mitnehmen

  • auf keinen Fall politisch anecken

  • nach außen immer verbindlich bleiben

  • bloß kein Ziel für Kritik sein

  • möglichst neutral wirken

  • „nicht zu viel Raum einnehmen“


Das sind Werte, die aus der Tradition sozialer Arbeit kommen: Beziehungen schützen, Konflikte entschärfen, vermitteln, verbinden. Aber Kampagnenlogik funktioniert komplett anders.


Kampagnen brauchen:


  • Fokus statt Vielfalt

  • Wiederholung statt Vollständigkeit

  • Haltung statt Neutralität

  • Priorisierung statt „alles gleich wichtig“

  • sichtbare Entscheidung statt vorsichtiger Andeutung

  • und: Mut, etwas stehen zu lassen


Viele Organisationen sind darauf nicht vorbereitet. Nicht emotional, nicht strukturell und nicht von ihren Entscheidungswegen her.



⭐ Wo Kampagnen heute scheitern – und warum das so ist


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1. Kampagnen werden zu Rundschreiben in Karussellform


Anstatt ein Thema über Wochen zu entwickeln – mit Episoden, Serien, Beteiligungsformaten – wird versucht, alles in ein einziges Posting zu packen.

Ein ganzes Thema. Alle Fakten. Alle Hintergründe. Alle Links. Alle Perspektiven.

Sozialarbeit liebt Vollständigkeit. Social Media liebt Fokus.

Diese beiden Dinge kollidieren brutal.



2. Kampagnen werden reaktiv, nicht strategisch


Ganz oft passiert Kampagnenplanung nicht aus einem inneren Anliegen heraus, sondern weil ein Aktionstag ansteht.

Man sieht den Kalender – und bekommt Stress:

„Wir müssen da doch auch etwas machen!“

Dieser Druck erzeugt Ideen, aber keine Kampagne.



3. Angst vor Kritik verhindert Sichtbarkeit


Viele Organisationen sind konfliktavers. Sie sind es gewohnt, nicht anzuecken. Sie arbeiten mit Menschen in sensiblen Situationen. Sie wollen niemanden verlieren.


Das führt zu:


  • abgeschwächten Botschaften

  • neutralen Formulierungen

  • „Wir-stehen-irgendwie-dazu“-Inhalten

  • unklaren Positionierungen

  • und damit zu: Kampagnen, die nicht sichtbar sind



4. Interne Strukturen sind nicht kampagnenfähig


Die meisten Kampagnen scheitern nicht an Social Media. Sie scheitern daran, was Social Media sichtbar macht:


  • Zuständigkeiten fehlen

  • Kolleg*innen liefern nicht

  • Entscheidungen dauern zu lange

  • Leitung bremst aus Unsicherheit

  • Ressourcen sind zu knapp

  • Prioritäten verändern sich ständig

  • niemand führt wirklich


Social Media brennt die internen Probleme frei. Und das sieht man – zwangsläufig – auch an Kampagnen.




⭐ Das Gegenbeispiel: Mut, Ambivalenz – und Wirkung



Das ist ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn eine Organisation wirklich Kampagne macht.

Provokant, aber nicht verletzend. Mutig, aber nicht rücksichtslos. Deutlich, aber nicht parteipolitisch.

„Wir feiern 25 Jahre Kinderarmut.“

Dieser Satz stand auf Postern in der Stadt. Ohne sofort erkennbaren Absender.

Die Irritation war einkalkuliert. Die Provokation war nicht Selbstzweck, sondern Methode, um Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, über das viele lieber nicht reden.


Die Diskussion entstand sofort. Die Empörung auch. Aber: Sie war kontrolliert, verstehbar und gewollt.

Der Clou: Man feiert natürlich nicht Kinderarmut – sondern man prangert an, dass das Problem seit Jahrzehnten besteht, und immer noch nicht gelöst ist.


Die Kampagne hat das geschafft, was Social Media oft nicht schafft: Sie hat ein Gefühl ausgelöst, bevor sie eine Information geliefert hat. Sie hat Menschen gezwungen hinzuschauen. Sie hat Raum gelassen für Gespräche. Sie hat die Ambivalenz ausgehalten.

Und genau deswegen blieb sie hängen. Bis heute.

Das ist Kampagnenfähigkeit. Das ist Mut. Das ist Klarheit. Ohne Feindbilder, ohne Aggression, ohne Shitstorm-Bedürfnis.

Sondern: mit Haltung.




⭐ Was gute Kampagnen im sozialen Bereich brauchen



Bevor wir über Formate, Karussells oder Videolängen sprechen, muss eine Organisation sich drei ehrliche Fragen stellen:



1. Wollen wir wirklich sichtbar sein?


Nicht nur informieren, sondern sichtbar werden. Das bedeutet: Entscheidung, Priorität, Wiederholung.




2. Haben wir die Struktur, um eine Serie auszuhalten?


Nicht 1 Post, sondern 10. Nicht ein Aktionstag, sondern ein Prozess. Nicht ein Karussell, sondern eine Dramaturgie.




3. Haben wir den Mut, dass ein Thema größer wird als andere?


Nicht alles ist gleich wichtig. Manchmal verdient ein Thema vier Wochen Spotlight – und das ist keine Schieflage. Das ist Strategie.




⭐ Also:


Kampagnen im sozialen Bereich scheitern selten an Ideen. Sie scheitern daran, dass Sichtbarkeit Entscheidungen braucht, und Entscheidungen Mut.

Mut, etwas stehen zu lassen. Mut, ein Thema zu priorisieren. Mut, eine Botschaft zu wiederholen. Mut, das auszuhalten, was in Menschen ausgelöst wird.

Nicht laut. Nicht aggressiv. Nicht polarisierend.

Sondern klar.

Und genau das ist es, was Kampagnen Wirkung gibt.

 
 
 

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